Unser Beitrag nimmt die Sichtbarkeit der Debatte um Rassismus und die darin vorkommenden Akteur*innen in den Massenmedien auf Basis einer quantitativen Inhaltsanalyse der Berichterstattung in zwei deutschen Leitmedien, Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung, im Zeitraum 2000 bis 2020 in den Blick. Unter dem Eindruck der Anschläge in Halle und Hanau sowie der Proteste von Black Lives Matter ist Rassismus im Jahr 2020 zu einem zentralen Thema der öffentlichen Debatte in Deutschland avanciert. Über diesen aktuell sichtbaren Bedeutungszuwachs hinaus existiert allerdings wenig systematisch-empirisches Wissen darüber, wie sich die Thematisierung von Rassismus in der deutschen Medienöffentlichkeit im Zeitverlauf entwickelt hat. Insofern ist ungeklärt, welche Konjunkturen das Thema in den letzten Jahren durchlief und welche Ereignisse und Akteure die Muster der Berichterstattung prägen. Anhand der Daten zur Sichtbarkeit (Salienz) des Themas, sowie der darin vorkommenden Akteuren und deren diskursiven Auseinandersetzung können wir u..a auch die These der medialen Unterrepräsentation marginalisierter migrantischer Gruppen spezifizieren und quantifizieren. So können wir unter anderem beobachten, dass es zu einem allgemeinen Zuwachs zivilgesellschaftliche Akteure in der Debatte kommt,– jedoch ohne dass sich die Ausdifferenzierung der „postmigrantischen“ in den Akteursnennungen wiederspiegelt.
Platz da! ruft eine neue Generation an Medienschaffenden. Doch wie sehen sie aus, die Medien der Vielen? Unterschiedliche Formate, mehrere Sprachen, für eine lokale Leserschaft oder das gesamte Netz: Auf dem Podium stellen wir drei Journalist*innen und ihre Arbeit vor. Gemeinsam tauschen wir uns aus über ihre Motivation und neue Ideen sowie ihre ganz konkrete Praxis.
In der Corona-Krise informiert die Journalistin Nalan Sipar Migrantinnen und Migranten auf türkisch. Und landet damit einen Hit. Nun will sie mehr daraus machen. Zehntausende Menschen sehen, wie Sipar in ihrem YouTube-Kanal fast täglich Fragen zum Virus beantwortet, über die Hilfsprogramme der Bundesregierung spricht und Expert:innen interviewt.
Perspectives ist seit April 2020 Teil des Heizhauses in Grünau. Das Projekt fördert die Schaffung einer Infrastruktur für migrantisch markierte Personen im Viertel. Fokus wird auf politische Partizipationsmöglichkeiten sowie das Etablieren neuer kultureller Angebote in bereits existierenden Institutionen gelegt. Als Projekt von Perspectives wird es ab Frühjahr 2022 die erste Ausgabe vom narratif Magazin geben. Geplant sind 80 Seiten voller Texte, Fotos, Gedanken, Analysen und Portraits rund um das Thema: Dazwischen / In between. Ziel ist es, ein neues Medium zu schaffen, um die vielseitigen Perspektiven und Narrative der Einsendenden abzubilden.
Der erste von und über Sinti & Roma Podcast „RYMEcast“ wurde während der Corona Pandemie am 4. April 2020 gegründet. Das Team besteht aus Sejnur Memisi & Nino Novakovic, welche beide der Roma Minderheit angehören. RYMEcast möchte die eigene Community bestärken und die Mehrheitsgesellschaft zu diversen Themen über Sinti & Roma, Rassismis, etc. sensibilisieren. Außerdem möchte RYMEcast ebenfalls der eigenen Community eine Stimme in den Medien verleihen, indem diverse aus der Sinti & Roma Minderheit interviewt werden.
Das Ideal von harmony in diversity ist ein Motor der Veränderung auch für die Medien und ihre Akteur*innen. Öffentlichkeitskonzepte bleiben aber weiterhin krisenhaft, weil das Harmonieversprechen der deliberativen „Diskussionsrunde“ in der Migrationsgesellschaft unvollständig ist. Diversity-Maßnahmen scheitern ebenfalls vielerorts, weil sie vorwiegend auf das Regieren der Differenz ausgerichtet sind. Migrantische Mehrsprachigkeit ist eine analytische Perspektive, die die Widersprüche der Medien als Technologien des Regierens und/oder Agenten der Veränderung deutlich aufzeigt. Aus dieser Perspektive ist erkennbar, dass die Herstellung einer emanzipativen Öffentlichkeit nicht als eine Addition von Sprachen oder als linguistische Vielfalt verstanden werden darf, sondern als die Bemühung kollektive und oppositionelle Stimmen hörbar zu machen.
In dem Kontext um Migration und Medien wurden in der Kommunikationswissenschaft bisher vor allem Zustände von Marginalisierung als Problembestand thematisiert. Dieses Panel fragt hingegen nach den bereits vorhandenen Strukturen der medialen Selbstermächtigung von BiPoC, die neuen Sichtbarkeiten, Hörbarkeiten und damit neue Öffentlichkeiten erschaffen. Welche neuen Akteure, Medienformate und Öffentlichkeiten sind in den letzten Jahren entstanden? Wie verändern diese das deutsche Mediensystem? In diesem Panel werden zwei Abschlussarbeiten vorgestellt, die zu den o.g. Themen im EC4SC und unter der Betreuung von Patrick Donges und Kefa Hamidi entstanden sind.
Öffentlichkeit ist eine Grundvoraussetzung für gelingende Demokratie. Verschiedene Integrationskonzepte weisen jedoch fundamentale Unterschiede in ihren normativen Vorstellungen von Öffentlichkeit auf. Den dominanten Polen der Assimilation und des Multikulturalismus tritt die postmigrantische Perspektive mit neuen Forderungen entgegen. ‚Integration für alle‘ lautet das Motto. Welche Rolle Öffentlichkeit dabei spielt, und worin die Trennlinien zu den ebenso etablierten wie kritisierten Integrationskonzepten Assimilation und Multikulturalismus liegen, wird in diesem Vortrag beleuchtet.
„Und dann wurde man einfach vom Empfänger zum Sender. Einfach mitmachen, einfach machen.“ (Erva Yilmaz vom Podcast Gedankensalat). Podcasts können ohne redaktionellen Rahmen und vorgegebene Zielgruppe produziert und veröffentlicht werden. Warum und mit welchen Intentionen haben Podcastmacher*innen mit internationaler Geschichte ihre Podcasts gestartet, wen und was wollen sie mit ihren Podcasts erreichen? In einer qualitativen Analyse wurden aktuelle Podcasts untersucht, um diese Fragen zu ergründen und damit diesbezüglich eine Momentaufnahme zu den innovativen Medienangeboten der postmigrantischen Gesellschaft zu schaffen. Die Podcastmacher*innen wollen der fehlenden Repräsentation in den Medien entgegenwirken, vielfältigen Perspektiven eine Plattform bieten und machen das selbst, weil es sonst niemand macht. Dabei vernetzen und supporten sie sich untereinander und erreichen teilweise einen Zugang zu etablierten Medien.
Nach rechten Gewalttaten sind die Stimmen von Betroffenen, Überlebenden und Angehörigen in der Vergangenheit vielfach ungehört geblieben. Öffentlich verdrängt wurden Schmerz und Erfahrungen von Menschen, denen als den zu ‚den Fremden‘ Gemachten Gleichberechtigung und Gerechtigkeit vorenthalten und stattdessen mit klassistischer Herabwürdigung und Rassismus – immer wieder auch mit mörderischer Gewalt – begegnet wurde. Erst nach unermüdlichen Anerkennungskämpfen haben sich diese Stimmen Gehör und Resonanz verschaffen können; sie ermöglichen einen Zugang zu einem migrantisch situierten Wissen, über das die Mehrheitsgesellschaft nicht verfügt und das von dieser in Teilen lange tabuisiert, ignoriert und verdrängt wurde. In solidarischen Bündnissen berichten Menschen unterdessen nicht im Sinne ‚eines Sprechens für‘, sondern im feministischen Sinne eines ‚speaking nearby‘, das in hegemoniale Politiken des Zuhörens interveniert. In Erzählungen zu rechter Gewalt in Radiosendungen, Podcasts, Instagram-Initiativen können sich somit die Erfahrungen derer, an die die gewaltvolle Botschaft gerichtet ist, deutlicher artikulieren: als Gegendiskurs, als Medium der (An)Klage, der Zeug*innenschaft und des Widerstandes, über das Hör- und Sichtbarkeit, Selbstermächtigung und eine Subjektkonstituierung jenseits meist passiv entworfener Opferpositionen hergestellt werden können. Der Vortrag diskutiert Beispiele, Bedingungen und Perspektiven für ein Doing Memory für eine Gesellschaft der Vielen.
Erstarkende exkludierende Nationalismen, Kontinuitäten rechten Terrors, queerfeindliche und anti-feministische Diskurse sowie die anhaltende Pandemie. Die Frage wie sich vor dem Hintergrund dieser Gefährdungen und Einschränkungen unterschiedlich orientierte postmigrantische Aktivismen gestalten (lassen), rückt auch eine Bandbreite digitaler Medienformate in den Blick. Dies zum Anlass sprechen in diesem Panel Vertreter:innen verschiedener BIPoC und (post-)migrantischer Selbstorganisationen und politische Bildner:innen über ihre digitalen Medienprojekte/-strategien, daraus erwachsene Möglichkeiten für Wissensproduktion, Repräsentation und Widerstand(skraft), sowie Hürden und Herausforderungen.
Eine grundlegende Funktion von Archivalien und Archivsystemen kolonialer Verwaltungen bestand darin, Differenzkategorien zu manifestieren und damit verbundene Kontroll- und Unterdrückungssysteme zu legitimieren, indem sie die von Ihnen ausgehende Gewalt ausließen und gleichzeitig Wissen, Narrative und Widerstandsmomente der von Ihnen kolonisierten Bevölkerungsgruppen auslöschten oder überschrieben. Hierbei sind im Rahmen des Inputs zwei Fragen von zentraler Bedeutung: Zum einen die, der Wissensproduktion: wie und von wem wird Wissen produziert und validiert? Zum anderen die des Wissenstransfers: wie und von wem wird Wissen dokumentiert, gespeichert und weitergegeben? Diese Fragen dienten bspw. auch als Ausgangpunkt für die von xart splitta entwickelten und Ende 2020 veröffentlichten Online-Plattform The Living Archives. Ziel der Plattform, die sich als Transformatives Archiv versteht, war und ist die Schaffung einer Homepage, welche als ‚lebendiges Archiv‘ der Sichtbarmachung, Stabilisierung und Bereitstellung marginalisierten Wissens und Perspektiven dient.
„So Tasty!“ ist ein Podcast des Diaspora Salons Hamburg indem es um Vorstellungen von gutem Essen, um Migration, Rassismus und Widerstand, Kindheitserinnerungen, und vieles mehr geht. „So Tasty“ war zunächst als einmalige Veranstaltung in Hamburg mit Diskussionen, Kunst und natürlich auch Essen angedacht. Im Winter 2020/21 wurde jedoch klar, dass die pandemische Lage dies in absehbarer Zeit nicht zulassen würde. Daher entschlossen sich Susan Djahangard und Meryem Choukri dafür ein digitales Format zu finden und entschieden sich für die Form des Podcasts. In diesem Beitrag geht es daher um Pandemie und Kultur, Schaffen eigener Räume, Lokalität und Instagram.
In der Gruppe Queeraspora treffen sich verschiedene Menschen: Geflüchtete, Migrant*innen, People of Colour, Black People UND Queer. Queeraspora ist also eine Gruppe aus homosexuellen, bisexuellen, transsexuellen und intersexuellen Personen, die Migrationserfahrungen haben bzw. „keinen weißen Background“. In der Gruppe können Sie andere Menschen kennenlernen, sich austauschen und sich für die Rechte queerer Menschen mit Migrationsgeschichte einsetzen. Queeraspora möchte gegen Diskriminierung vorgehen und die Rechte von queeren Menschen stärken.
Wir, die Initiative Postmigrantisches Radio, bezeichnen uns als (post-)migrantisch, queer, kanackisch, BPoC und wollen solchen Stimmen mehr Repräsentanz verschaffen. Die Diversität in einer Demokratie ist Ausganspunkt unseres Schaffens, welche wir über Diskurs, Politik und Pop-Kultur über das Medium des Radios kritisch und künstlerisch thematisieren. Momentan haben wir eine Sendezeit bei Radio Corax auf UKW 95.9 MHz. Perspektivisch träumen wir davon, eine eigene UKW-Frequenz zu haben. In diesem Beitrag geht es um Radio als Medium und (Selbstermächtigungs-)Plattform (post-)migrantischer Stimmen.